Raindrops & some News

Kann jemand bitte mal den kleinen November aus dem Juni abholen? So oder so ähnlich sieht es derzeit aus, wenn man mal ganz ehrlich ist. Aber ich will nicht jammern, denn das alles ist besser als sengende Hitze oder tropische Wälder im eigentlich nicht ganz so tropischen Taunus.

Nachdem uns am Freitag Morgen der Nebel begrüßte, manifestierte es sich gegen Abend zu einem schönen Landregen, der mich noch 35km über die Autobahn begleitete, während ich meiner wöchentlichen Folterung entgegen fuhr. Und ja ich dachte wirklich dies sei der letzte Termin zum Triggern gewesen. Aber wie sooft, kam es wieder leicht anders. Die Schmerzen waren nach wie vor da und das allein machte mich schon ganz madig. Ich hatte sogar schon überlegt mir Kreuze auf die Schmerzpunkte zu malen – vor allem nach dem Laufen – denn es ist doch sehr erstaunlich (oder bedenklich?) dass der Mensch Schmerzen so schnell wieder vergisst. Also habe ich die Woche versucht, den Schmerz nicht nur als meinen Feind zu betrachten, sondern genauer zu lokalisieren und vor allem besser beschreiben zu können, damit wir der Sache endlich mal auf die Spur kommen.

Sehnenansätze sind in meinem Fall ganz hervorragende Punkte. Noch hervorragender allerdings waren ganz neue Gefilde am vorderen Oberschenkel, bzw. am Übergang zu diesem. Da bin ich doch direkt mal selbst überrascht worden, während mich der einschießende Schmerz gefühlt zwei Meter nach oben katapultierte. Teilweise strahlte das ganze bis in den Knöchel aus oder mein Bein wurde halb taub. Während ich erklärt bekam, was genau da in Mitleidenschaft gezogen war, konnte ich dem eigentlich nicht folgen und nur ein zynisches „sehr schön“ von mir geben. Hängen geblieben sind zumindest Trochanter und Adduktoren – viel Spaß an dieser Stelle an diejenigen, die damit was anfangen können 😛 Wieder eine Stunde Leid und ein neuer Termin. Und eine Woche Laufverbot. Okay… 😦

Das hieß dann natürlich, dass ich alle Möglichkeiten zum Biken nutzen wollte. Dieses Wochenende strotzte nur so von Optionen. Samstag kam mein Vater mit Sack und Pack aus dem Odenwald zu mir gefahren und wir kümmerten uns erstmal um Mojo. Neue Bremsbeläge, eine neue Kette und die Erkenntnis, dass schon 2000 Kilometer seit Kaufdatum Anfang März ins Land gegangen sind. Die Kette hätte es vielleicht noch 200km gemacht, aber das wäre ja allein schon fast an einem Wochenende wieder drin gewesen. Auch mein alter Getränkehalter wurde ummontiert, falls der Trinkrucksack doch mal nicht ausreichen sollte. Der Dämpfer wurde auch noch nachjustiert.

Dann ging es um kurz nach 11 Uhr endlich los – ohne Gequietsche und alles fühlte sich richtig gut an. Garmin wurde mit einer Trailroute gefüttert und ab der Hohemark ging es wunderbare Wurzelpfade immer schön den Berg hinauf, die mir bis dahin noch gar nicht bekannt waren. Es blühte lila Fingerhut, alles war saftig grün, die Luft kühl und frisch und es roch harzig und nach Moos. So herrlich. Zumal es das erste Mal seit meiner Kindheit war, dass ich mit meinem Vater „Radfahren“ war. Damals noch mit normalen Tourenrrad, Jahre später mit MTB und dann natürlich gleich ein ganz anderes Level, ohne genau vom anderen zu wissen wie der Trainingszustand tatsächlich ist.

Witzig zu sehen war auf jeden Fall, dass wir uns sehr sehr ähnlich sind. Gleiche Trittfrequenz am Berg und auch eher mit Kraft anstatt zuviel zu kurbeln. Und da wird beide nicht ganz so wendig sind (z.B. eher wie ein Stockbrot Standardtänze absolvieren etc.) klappte das bis vor einem halben Jahr Downhill auch bei ihm nicht so gut. Mit fast zwei Metern Körpergröße bietet man halt auch mehr Angriffsfläche. Sicherheit hätte da der automatisch absenkbare Sattel gebracht. Kostet halt. Aber dann müsste ich nicht mehr ständig absteigen, um den Sattel herunterzumachen. Denn mein Sattel ist sehr hoch eingestellt, da ich mit 174cm nicht unbedingt zum Zwergenvolk gehöre. Wenn man dann mal schnell abwärts von den Pedalen muss, wird so eine Höhe schon eher zum Risiko, alleine schon vom Gefühl.

Dennoch konnte er mir auch etwas Technik vermitteln und dank des jetzt echt wunderbar eingestellten Dämpfers komme ich an nicht ganz so steilen Passagen schon viel sicherer und etwas schneller über Wurzeln und Co. Vielleicht wird das in diesem Leben doch noch irgendwann was.

Leider fing es schneller an zu regnen als es mir lieb war. Nach ca. 20km waren wir dann Richtung Feldberg unterwegs und da kannte ich mich dann auch wieder aus, sodass wir die Navigation vernachlässigen konnten. Am Sandplacken fiel der Regen dann sturzbachartig und es begann sogar zu hageln. Ich rettete mich erst unter einen Baum, um dann schnell weiter bis kurz vor die Straße zu fahren, an der ich mich an dem dortigen Haus unter das Dach stellen konnte. Während wir warteten dass die Wolke wieder weiter zog, friemelte ich meine Jacke aus dem Rucksack, von welcher ich eigentlich nicht gedacht hätte, dass sie da noch reinpasst. Es war so kalt und ich war einfach nur nass. Irgendwann wurde der Regen schwächer und wir griffen wieder an.

Vor allem auf das letzte Stück am Feldberg war ich gespannt – aber das bin ich bei fast jedem mit dem ich das erste Mal biken gehe 😀 Bei 22% Steigung kann man da schon von Bewährungsprobe sprechen. Aber war alles kein Problem, auch wenn das Atmen deutlich lauter wurde.

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Oben war es leider nicht ganz so schön. Zwar regnete es nicht mehr, aber es wehte ein unangenehmer Wind und so richtig klar war die Sicht auch nicht. Zumindest konnte man ein bisschen weit gucken. Lange hielten wir uns nicht auf. Runter bogen wir immer wieder auf neue Trails ab, sodass das noch ein schöner Abschluss wurde. 40km und etwas über 900HM reichten mir dann erstmal auch, denn ich wusste dass der nächste Tag noch mehr als das bereithalten würde.

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Der Abend war noch lang und es dauerte bis ich tatsächlich ins Bett kam. Dementsprechend kurz war die Regenerationszeit und ich hatte wirklich Angst, dass ich die Tour nicht so gut überstehen würde. Um kurz nach 8h stieg ich auf Mojo und um kurz vor halb traf ich Christian schon auf dem Parkplatz der Hohemark. Der Himmel war noch immer wolkenverhangen und ich hatte nicht nur eine Jacke, sondern auch einen dünnen Pulli und ein Thermoshirt an. Die Jacke zog ich auch nicht mehr aus. Es sollten vielleicht 20% der Strecke geben wo es mir etwas zu warm war und das war es dann. Von Sonne keine Spur. 11 Grad waren das Maximum. Zwischen den Bäumen hingen Nebelschleier, die Luft war permanent feucht, der Boden aufgeweicht. Aber es ließ sich super atmen. Und wir kamen flott vorwärts, meine Beine wollten diesmal auch mitspielen. Stefan, der Vierte im Bunde, hatte von uns wahrscheinlich am meisten zu knabbern aber er schlug sich tapfer und rettete sich später am Hessenpark mit einem Hanuta über die Tour.

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Zuerst frühstückten wir jedoch den Feldberg ab. Denn danach waren es ja „nur“ noch 800 Höhenmeter to go. Im Regen erklommen wir den Gipfel. Den Turm schluckte der Nebel. Nach einer Miniatur-Pause ging es über Trails erst einmal wieder herunter. So kalt. Meine Handschuhe waren nass, meine Finger eiskalt. Am Sandplacken überlegte ich das erste Mal, ob sowas wie eine regendichte Hose nicht sinnvoll wäre. Es ging zum Glück wieder leicht bergauf, da wurde es dann auch wieder erträglich und wir führten angeregt lustige Unterhaltungen an deren Inhalt ich kaum mehr eine Erinnerung habe – beinahe leicht im Wahn. Das Wasser kam von oben und auch von unten. Der Dreck spritzte hoch, umschlang die Reifen und peitschte zurück direkt ins Gesicht. Das Schrie nach Spaß der besonderen Art und das meine ich diesmal sogar so. Wenn man erstmal nass ist, dann kann auch Matsch Freude bereiten. Die Gruppendynamik und das zügige Gekurbel taten da ihr Übriges. Der Wald gehörte uns, soviel stand fest.

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Weiter ging es hoch und runter zum Hessenpark. Ich war immer noch fit, Gunnar sowieso und Christian wurde auch langsam warm. Endlich war ich mal nicht das Schlusslicht und konnte ab und an mal vorne fahren. Damit gerechnet hätte ich jedoch nicht, aber die kontinuierliche Belastung an jedem Tag schien mir gut zu tun. Mein Körper hatte einfach keine Zeit wieder auf Standby zu fahren. Dementsprechend extrem ist derzeit mein Stoffwechsel und mein gruseliger Hunger nach allem was nicht bei drei auf dem Baum ist. Also habe ich mal wieder ein paar mehr Kohlenhydrate eingeschoben, da ich viel schneller unterzuckert bin oder alle Speicher plötzlich so leer sind, dass ich mich fast übergeben muss. Pro Tour verbrauche ich alleine schon an die 2000 Kalorien und so viel schaffe ich vielleicht gerade so mal an einem Tag zu essen an dem ich Sport gemacht habe. Und während der Tour trinke ich mehr als das ich esse. Wenn auf 1500HM ein Proteinriegel und zum Frühstück Whey und ein Toast kommt, dann war das schon gut.

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Ich stelle auch fest, dass wir irgendwie in letzter Zeit im Verhältnis immer mehr Höhenmeter auf weniger Kilometer machen. So kamen nochmal fordernde Anstiege zum Ende hin – unter anderem auch der Herzberg, auf welchem wir kurz anhielten und von zwei Frauen eine Uvex-Brille in die Hand gedrückt bekamen. Die hätten sie gefunden und wir bräuchten sie wohl eher als sie. Sprachs und weg waren sie. Wir hängten die Brille an den Lenker eines der beiden einzigen Bikes die dort oben standen und machten uns über eine Wiese, durch ein Gatter, auf einen echt miesen Geröll-Trail wieder vom Acker. Da wollte ich dann doch lieber absteigen…

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Rund um die Hohemark gab es natürlich immer noch ein paar Berge die geholt werden wollten. Meine Beine waren fit, aber meine Speicher fingen an langsam auszubrennen, sodass es etwas zäher wurde. Wir kamen an einer Gruppe wandernder Rentner vorbei die uns entgegenkamen – mittlerweile ohne Regen. Ich fand wirklich nicht dass wir langsam waren, vor allem nicht an diesem Anstieg und Gunnar nutzte diesen sogar noch für einen Intervall. Ich traue mich das nicht auf so einer Tour, weil ich nicht weiß was noch kommt 😀

Als ich auf der Höhe eines nicht gerade athletisch wirkenden Rentners war, hörte ich wie er seinem Nebenmann folgendes erzählte: „Wenn die in einen kleineren Gang schalten würden, wären sie viel schneller!“ Da hätte ich ihn gerne selbst mal probieren lassen. Ehrlich wahr. Nur weil man eventuell schneller tritt, kommt man nicht schneller vom Fleck. Kraftvolle, runde Tritte sind manchmal effizienter. Aber wem sage ich das 😉

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Nach zwei weiteren Anstiegen war es das dann erst einmal mit Höhenmetern und es ging nur noch abwärts. Unterdessen hatte Stefan hinten einen Platten. Die anderen beiden waren schon vorbei, ich hielt an aber er schickte mich auch weiter. Also fuhr ich runter und traf auf Gunnar und Christian die nun doch wieder hoch zu Stefan fahren wollten. Also tat ich das auch. Und zu viert fuhren wir dann abschließend zum Parkplatz und zerstreuten uns wieder Richtung unserer Haustüren.

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Wir hatten genau die 1500HM geknackt + 2 und dabei 52k hinter uns. Also in 3 Tagen knapp 3300 Höhenmeter durchgerockt. Chacka!

Zu Hause war ich derart eingesaut, dass ich mich noch im Treppenhaus entkleiden musste. Natürlich nicht ohne zuvor Mojo zu putzen, worauf ich eigentlich echt keine Lust mehr hatte, aber das Bike war komplett mit Tannennadeln und Matsch paniert. Ich war erledigt und musste erstmal über eine Stunde schlafen und kam kaum mehr zu mir. Die Matratze zog mich in sich hinein, meine Beine waren aus Blei und ich konnte nicht mal meine Hand bewegen, obwohl ich das gerne getan hätte. Abends schauten wir noch einen Film und dann fiel ich wieder ins Bett.

Heute ist Regeneration angesagt und morgen schaue ich mal was das Wetter hergibt. Zur Not fahre ich halt nur ins Studio und widme mich Bauch, Stabilisation und sonstigem Krafttraining.

— Jamie

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