Aus dem Quark kommen

Ist leider nicht immer so einfach. Mir fällt das momentan besonders schwer. Vielleicht fährt mein Körper lieber in den Winterschlaf-Modus, denn hellwach bin ich schon länger nicht mehr. Am liebsten würde ich es halten wie die Eichhörnchen, aber das bringt mich keinen Schritt weiter. Also keine Gnade: am Montag Abend wurde direkt weiter gelaufen, mit einem kleinen Lichtblick. Zum Glück darf ich das noch erleben – wenn man denkt es wird hart und man ist wirklich müde und dann ist man doch auf einmal beflügelt. Oft denke ich mir, einen ruhigen DL bekommst du noch hin und nach dem ersten Kilometer bekomme ich dann doch öfter mal Lust auf mehr Tempo. So auch in diesem Fall. Fazit: 8k in 38min, verpackt als progressiver Lauf.

Eigentlich war das so nicht geplant, da der Dienstag Abend ja nun der Tartanbahn verschrieben ist und ich es aufgrund der vorangegangen Woche und dem entsprechenden Muskelkater so viel besser hätte wissen müssen. Da aber dann nur noch 150m gelaufen wurden (4x 4x150m mit fast 2 Minuten Pause dazwischen, in 27-29 Sekunden) hielt sich meine Erschöpfung in Grenzen und Schmerzen hatte ich auch keine. Insgesamt stellte ich mich auch etwas besser an und ging auch nicht mehr so „lahm“ mit dem einen Bein und hatte endlich mal Spaß. Als alte Langstrecken-Häsin gelang es mir die anderen Mädels ab Mitte der Sätze, zu überholen. Je länger desto besser – so habe ich mehr Zeit und kann auch noch nach 100 Metern vorbeiziehen, weil mir die Luft noch reicht 😛

Der Tag drauf war ein Ruhetag, der so oder so hätte stattfinden müssen. Nach etwas mehr als vier Monaten hatte ich mal wieder einen Termin beim Osteopath. Und ich war mehr als gespannt auf den Stand der Dinge. Es hatte zwar wirklich lange gedauert, aber mittlerweile bin ich so gut wie schmerzfrei und gerade ausgerichtet. Kreuz- und Brustbein waren, übertrieben formuliert, wie ein DNA-Strang verdreht, sowie viele andere kleine Ungleichgewichte, die dem Finetuning bedurften. Der Osteopath selbst war auch ganz happy (vielleicht auch, weil die Behandlung diesmal weniger lang war) und fragte, ob ich etwas anders gemacht hätte. Nö.

Donnerstag ein relativ unspektakulärer Dauerlauf über 10 Kilometer. Und den Freitag Abend haben wir mit Billard verbracht – ganz ohne laufen. Am Samstag wurde ich dann schon wieder etwas nervös, aber ich musste Mojo endlich mal einpacken, um die Sache mit dem Bremssystem richtig anzugehen. Relativ schnell war klar: die Avid Elixir hatte das Zeitliche gesegnet. Selbst der Bremshebel war nicht mehr das, was er sein sollte. Da die XT aber auch (noch) nicht da war, verbauten wir eine Magura, die uns beim ersten Test ihr Öl entgegen spie. Also entlüften und neu befüllen. Hatte alles auch „nur“ etwa fünf Stunden gedauert, die ich in einem Keller ohne Tageslicht verbrachte. Jetzt habe ich vorne noch immer die Avid und hinten die Magura.

Nachdem wir den halben Sonntag in Mainz verbrachten (unter anderem sahen wir uns „Körperwelten“ an – faszinierend und pervers zugleich), juckte es mich dann doch noch in den Beinen noch eine Runde über den Feldberg zu drehen. Irgendwie war mir auch unwohl dabei, denn mein Vertrauensbonus war auf Null gesunken, denn mein letzter Stand war: bremst nicht.

Nach zügigen 800 Höhenmetern war ich jedoch sehr zufrieden: die letzten Sonnenstrahlen eingefangen, ein wunderschöner Herbstwald und eine Bremse die tut was man ihr sagt, inklusive einem leicht erschöpften Gefühl.

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Am Montag Abend wollte ich es mal wieder wissen. Ich war leicht aufgedreht und aus dem geplanten Dauerlauf wurde (mal wieder) ein Tempolauf. Quasi ein kleiner Test. Wo stehe ich? Und wann laufe ich endlich mal wieder einen Wettkampf? Nach 9km und 41min war mir recht schnell klar: das wird wieder was. Mir fällt es derzeit auf jeden Fall leichter, härter zu laufen (wenn ich mich denn schon aufgerafft habe…). An dieser Stelle meinen ganzen Respekt an alle die Läufer, die es schaffen mehr als 15km langsamer als 5:25 zu laufen. Kann ich nicht, vor allem nicht alleine.

In dieser Woche wurde ich dann auch noch krank, ganz super. Also wieder mehr Ruhetage als geplant. Den Auftakt starte ich dann direkt wieder mit Mojo und es war alles etwas planlos. Aber das werden ja dann die besten Unternehmungen. Ich war mir nicht so sicher, zu was ich taugen würde und entschied mich jeweils sehr kurzfristig. Kurz vor der Saalburg verlor ich mich in den Taunustrails. Die Luft war feucht, die Sonne kam nur ab und an mal durch. Wenig später begegnete ich drei Rehen und konnte diese auch sehr lange beobachten, ich durfte mich nur nicht bewegen und nicht näher als 20 Meter herankommen 🙂

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Such das Bambi!

Über den Sandplacken und mit einsetzendem Regen, schraubte ich mich auf den Feldberg, der komplett eingenebelt war. Auf der Abfahrt konnte ich mich von der Griffigkeit der Bremsen überzeugen lassen, selbst bei nassem Laub und glitschigen Steinen war alles viel besser, als es je war. Vor allem deshalb, weil sich die Magura viel besser dosieren lässt. Die Avid blockierte sofort das Rad und das war in vielen Situationen nicht gerade hilfreich.

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Wo ist Mojo?

Wieder an der Hohemark fuhr ich noch einmal Richtung Feldberg – dieses Mal über den Maaßgrund und glücklicherweise wieder ohne Regen. Ich dachte mir, ich müsste ja nur bis zum Fuchstanz und nicht mehr ganz hoch. Aber wider Erwarten war ich doch recht fit und fuhr einfach weiter, ehe ich plötzlich zum zweiten Mal auf dem Feldberg stand. Runter wählte ich einen anderen Weg, der auch etwas länger war. Und dann wurde es kalt, sodass ich trotz Softshelljacke das Frieren lernte. Nach 55km und 1400HM konnte ich endlich die warme Dusche feiern. Alleine war ich bisher noch nie so weit gefahren, aber dieses Mal hatte ich das einfach genossen und gebraucht. Nachdenken, den Kopf klar werden lassen.

Am Tag darauf zog es mich wieder laufend in die Felder. Die ersten 6 Kilometer war ich sehr viel zügiger unterwegs, als ich es erwartet hatte, sodass ich locker plus minus um die 4:30 herum laufen konnte, ehe mir die folgenden Anstiege langsam aber sicher das Tempo raubten. 49min auf 10km waren das letzten Endes.

Am Wochenende wurden die Bikes wieder hervorgezaubert und aufgrund allgemeiner Müdigkeit trafen wir uns „erst“ um 9 Uhr zu viert an der Hohemark. Ohne besonders viel Plan kurbelten wir auf längerem (und qualvollem 😉 ) Weg rauf zum Feldberg. Meine Beine waren nicht ganz so frisch wie ich das gerne gehabt hätte. Ich hielt zwar bis kurz vor Schluss mit, aber easy war etwas anderes. Und kalt wurde mir auch schon wieder. Vor allem dann, als Christian anfing Steinpilze zu sammeln und in seinem Rucksack zu transportieren. Also später Jacke an, ein kurzes Stück herunter und den Altkönig wieder hinauf. Oben über den Wanderweg mit losem Geröll zurück auf die Taunustrails. Gunnar feuerte mir einen nassen Nadelzweig ins Gesicht. Das schrie nach Rache. Und diese kam auch recht bald, als wir plötzlich von einem glatten abschüssigen Weg auf einen vollkommen zugewachsenen Trail bergan einbogen und dabei noch zwei Wander-Omis aufschreckten.

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Ein paar Meter später steckten Alex und Gunnar nämlich zwischen Dornen und einer penetranten Klettenpflanze und sahen aus wie die Protagonisten eines Games, welche mittels Motion Capture aufgezeichnet wurden. Die runden Bällchen ließen sich eher schlecht als recht entfernen und die Stacheln steckten auch in den Handschuhen – aber keine Tour ist eine richtige Tour ohne dass Christian uns auf solche Pfade schleust.

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Hallo Garmin?

Und dann wäre da noch die leidige Sache mit dem Garmin-Navi. Christian besitzt das ungeschlagene Talent auf ruppigen Trails gerne Mal sein Garmin in den Busch zu schmeißen oder es, im ungünstigsten Fall, dem Hintermann direkt entgegen zu schleudern. Dieses Mal verlief die Sache ein klein wenig anders. Der Trail wurde bis zum bitteren Ende gefahren und während man noch auf mich wartete warf Gunnar ein, dass er ja genau auf diesem Weg mal das Navi verloren hatte. Und wo es denn nun sei?

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Also drehten alle wieder um – genau dann, als ich auch unten angekommen war. Und das Ding wieder hoch. Zwar ganz langsam und teilweise auch schiebend. Aber spätestens beim betrachten der gemeisterten Garmin-Segmente wurde mir klar, warum „das Ding“ als „die Rampe“ betitelt wurde. Natürlich hatte Christian das Navi nicht am Schluss verloren. Und auch nicht in der Mitte. Die Jungs waren schon fast wieder am Feldberg, ehe sie es sichten und einsammeln konnten. In diverse Einzelteile zerplatzt, aber dennoch nach dem Zusammenpuzzlen wieder voll funktionsfähig. Das bedeutete natürlich, dass der Trail noch einmal gefahren wurde. Größtenteils war er auch für mich fahrbar, nur die ganz steilen Abschnitte traue ich mich einfach nicht.

Wieder am Auto wertete Christian seine Pilzsammlung aus: Pilz, Pilz, Schnecke, Pilz… „Die Pilze müssen atmen!“ Liebevoll breitete er sie im Kofferraum auf der Decke neben seinem MTB aus und Gunnar imitierte die Schnappatmung der armen Steinpilze, während ich vor Lachen schon wieder das Weinen begann.

Was, nur 880HM und 40km? Christian musste nach Hause, Alex stürzte zur Bahn. Gunnar und ich standen unschlüssig herum, ehe wir ohne weiteres Denken umdrehten und wieder hinauf fuhren. Oh was waren meine Beine schwer. Nichts Gutes war ich mehr gewohnt. Alles zog sich wie Kaugummi. Aber durchhalten war die Devise. Andernfalls hätte ich wahrscheinlich abends dagesessen und mich gefragt, wieso ich nicht einfach unsere obligatorischen 1500HM durchgezogen habe. Als meine Uhr die magische Grenze der 2000 Kalorien überschritt, fühlte ich mich leider auch genau so. Irgendwie war es hart. Bis kurz vor den Feldberg fuhren wir und dann ging es dennoch immer mal wieder etwas hoch. Meine Beine waren wie Blei. Eigentlich wollte ich jammern, aber das kostete ja auch wieder Kraft. Da merkte ich das erste Mal so richtig, dass beides (also Laufen und Biken) eben nicht auf gleich hohem Niveau funktioniert. Nicht für mich zumindest und vor allem nicht an diesem Tag.

Ich schleppte mich ab Oberstedten wieder alleine weiter Richtung Haustür und die Brücke über der Autobahn kam mir vor wie der Mount Everest. Ich wollte nur noch rollen. Das einzige was mich noch motivierte war die Tatsache, dass ich noch auf 70km kommen würde. Als Garmin dann direkt vor unserem Tor 69,91k anzeigte, fuhr ich aus Trotz noch einmal einen Schlenker in eine andere Straße. Tada – 70,01km 😀 Hatte ich bis dato noch nie gemacht, aber an diesem Tag hatte ich es wohl echt bitter nötig. Knapp 5 Stunden Fahrzeit und 1621HM. Fühlte sich nach 2000HM an, aber auf meine Beine konnte ich schlecht hören.

Den Sonntag verbrachte ich in einem Dämmerzustand – nachts 9h schlafen und über den Tag verteilt nochmal 3-4 Stunden. Vielleicht ist es auch dem anfangs erwähnten Wintermodus geschuldet, bin mir da nicht so sicher 😐

— Jamie

2 Gedanken zu “Aus dem Quark kommen

  1. Wenn ich jetzt schreibe „Mach mal Pause“ oder „Kein Körper braucht auch Ruhe“ hörst du sowieso nicht auf mich. Also lass ich es lieber sein und bin mir sicher, dass du sowieso das richtige tust 😉

    1. Du liegst da gar nicht mal so falsch 😉 Wenn ich aber so die zurück liegenden Wochen betrachte, muss ich jedoch schon sagen, dass ich von der Häufigkeit her einen Gang zurück geschaltet hatte/habe 🙂 Ich lerne leider nur aus Fehlern die ich mache 😀

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