Ich glaube, es ist mittlerweile 2 Jahre her, dass ich zuletzt beim Silvesterlauf gestartet bin. Damals habe ich mir erstmals in meinem Leben so richtig die Lunge aus dem Körper gerannt, bekam muskuläre Probleme und hatte von Anfang an Seitenstechen. Dennoch reichte es „nur“ zu einer 45:11 und danach erreichte ich das Tempo auf 10 Kilometern sehr lange erst einmal gar nicht mehr.
2017 war anders.
Trotz Ultratraining (oder gerade deswegen) habe ich das Ziel verfolgt, schneller zu werden und das hatte sich bereits im Sommer bezahlt gemacht: dort fiel meine PB nämlich um über 2 Minuten auf 42:39min und es waren deutlich mehr Höhenmeter zu bewältigen, als das in Frankfurt der Fall war. Diese in Ende 2017 noch einmal zu pulverisieren, hat jedoch leider nicht funktioniert. Der Zehner in Jügesheim war um genau eine Minute langsamer und stand zwecks Startschwierigkeiten und einem müden Kopf einfach unter keinem guten Stern.
Der Kopf
hatte sich zwar wieder erholt, aber die Trainings liefen teilweise recht zäh, auch wenn ich in der Lage war, die Vorgaben zu erfüllen. Eines muss ich sagen: man wird tatsächlich nicht jünger und im Vergleich zu 2015 hat meine Leidensfähigkeit etwas nachgelassen, zumindest auf den kurzen Distanzen. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur an dem Punkt, an dem ich glaube, dass man auch gute Zeiten laufen kann, ohne sich dabei komplett zu vergewaltigen. Dennoch ist mir klar geworden, dass es mir an Tempohärte fehlt.

Genug Prolog!
Erstmals durfte ich im Elitefeld des Silvesterlaufs starten. Mit Zielzeiten unter 43 Minuten, durfte man sich melden, zumindest als Frau. Männer mussten unter 36 Minuten ankommen, da ist meiner Meinung nach der Sprung schon recht gewaltig.
Nach knapp 3 Kilometern
einlaufen, reihte ich mich vorne ein, übersah aber die Seile, die den ersten Startblock von dem nächsten trennten. Ein paar Sekunden vor dem Start konnte ich mich glücklicherweise noch dort einreihen, wo ich hingehörte.
Um Punkt 12h
lösten sich etwa drei Reihen und flogen quasi durch den Startbogen auf die Strecke. Meine größte Angst war, mal wieder alleine laufen zu müssen, denn die allermeisten da vorne sahen einfach viel zu schnell aus. Das Adrenalin, die leicht abfallende Strecke und etwa fünf schnellere Mädels in Sichtweite, ließen mich den ersten Kilometer in unter 4 Minuten laufen, was aktuell auf 10 Kilometern, einfach noch zu schnell ist. Es fühlte sich einfach gut an und deshalb bremste ich mich nicht. So kontrolliert ich einen Halbmarathon angehen kann, so absolut unvernünftig verhalte ich mich auf 10 Kilometern.
Mein plötzlicher Plan
war, meine Position zu halten und die Mädels auf etwa diesem Abstand zu observieren. Irgendwo weiter und weit hinter mir, müssen noch 2 bis 3 Mädels gelaufen sein, also fühlte ich mich nicht ganz so schlecht, wie befürchtet und nahm einfach jeden Kilometer wie er kam, immer so um die 4:06 herum. Es fühlte sich angenehm hart an und ich hatte Spaß und Lust, an diesem Tag eine bessere Zeit zu laufen.
Zum Ende von Kilometer 3
beschlich mich das leise Gefühl, dass ich demnächst ein großes Problem bekommen sollte. Männer können jetzt gerne diesen Abschnitt überspringen, aber ich finde, dass man auch mal jammern darf, wenn sich mitten im Rennen die Periode ankündigt. In diesem Fall rede ich von Schmerzen die so stark sind, dass man nach Büschen und Bäumen Ausschau hält, in die man sich schlimmstenfalls übergeben kann. Ich rannte zwar noch immer einen 4:15er Schnitt, verbrauchte aber meine ganze Energie und meine Gedanken, zum „in den Schmerz atmen“, während mir immer wieder messerscharfe Krämpfe vom Bauch, über den Oberschenkel, in das linke Knie fuhren. Vielleicht hatte ich meine Leidensfähigkeit doch nicht ganz verloren, wie anfangs beschrieben, aber das war einfach nur brutal. Normalerweise, bleibe ich im Training nach etwa 2,5km stehen, warte 2 Minuten bis sich der Krampf löst und kann bis zum Ende normal weiterlaufen.
No way!
In diesem Fall ging das leider nicht und das zu überlaufen, dauert in der Regel (haha) mindestens 3 Kilometer. Und als diese erreicht waren, war das Kilometer 7 und ich brach richtig ein. Zumindest sehe ich das so, mit einer Kilometerzeit von 4:29. Meine Energie war weg und ich schaffte es lediglich, mich über die letzten welligen Kilometern, mit 4:20min pro Kilometer zu retten. Das war nochmal Leiden pur.
Zum Glück
stand Georg mit seiner Tochter am Streckenrand und sie feuerten mich richtig an, das hat dann doch nochmal motiviert.
Mein Highlight
war, als ich plötzlich von hinten den Song „500 miles“ näherkommen hörte. Da hatte ich sofort ein Deja-vu, denn beim letzten –RLT Rodgau Ultra-, hatte mich mein Mitläufer Martin, stetig mit diesem Song beschallt. Und plötzlich zog er an mir vorbei, zusammen mit -Dominic-, ich versuchte dranzubleiben, aber sie liefen unter 4min und ich war ja sowieso schon „durch“.
Irritation
Für mich war es auch sehr irritierend, als mich schon nach etwa 4 oder 5 Kilometern die ersten Läufer überholt hatten, da ich davon ausgegangen bin, dass das nächste Feld 5 Minuten später starten würde. Das waren sie wohl nicht. Als mich dann auch noch -Markus Heidl- mit seinem sub 39min-Luftballon überholte und mir zurief: nur noch 2,5km! Wusste ich nicht, ob ich lächeln oder still weiterleiden sollte. Es ging leicht hinauf und dann wieder ab in den Wald. Dort traf ich auf Daniel von -bevegt-, der mich mit seinem Ruf nochmal richtig motiviert hatte. Lieben Dank an dieser Stelle 🙂
Der Schlusskilometer
gestaltete sich ganz simpel: es ging nochmal hoch und da musste ich mir selbst richtig in den Hintern treten. Ich sah die Zeit im Ziel schon ticken und ich wusste, dort möchte ich auf gar keinen Fall 43 Minuten sehen. Also gab ich Gas und beschleunigte nochmal auf deutlich unter 4 Minuten und fiel durch das Ziel. 42:45min.
Keine neue PB,
aber mittlerweile bin ich zufrieden mit dem was ich geleistet habe, aus dem Training heraus ( 2 Tage vorher ein 30km TDL und ein Bahntraining – aufeinanderfolgend, haben natürlich auch eine Berechtigung). Und ich wurde auch von keiner weiteren Frau mehr im Verlauf überholt – jedoch waren noch 16 vor mir. Das Schöne ist, dass ich weiß, dass es noch Luft nach oben gibt und das es definitiv immer einer Herausforderung bleiben wird, Ultra und Tempotraining sinnvoll unter einen Hut zu bringen. Fakt ist, nach einem Ruhetag ging es direkt wieder auf die Bahn. Bis Montag wird es noch eine harte Woche. Falls ich es überlebe, lasse ich natürlich von mir hören. Kleinere Lebenszeichen, findet ihr dann wohl eher auf –instagram- 😉
Wenn ich noch die Zeit finde, verfasse ich noch einen Jahresrückblick, wenn ihr mögt.
Ansonsten: ich wünsche euch allen ein schönes, gesundes und sportliches 2018!
— Jamie
Beim 10 Km Lauf kann man sich das Tempo irgendwie nicht einteilen. Da muss es einfach knallen, wenn man anfängt zu drosseln oder mit angezogener Handbremse beginnt ist es irgendwann zu spät Tempo zu machen. Ich knalle wie beim 5 km Lauf immer direkt los. Hinten wird es ab und an langsamer, aber das gehört dazu. Wenn ich einen guten Tag erwische kommt hinten raus auch noch einmal ein satter kilometer unter 03:30 min.
Ich werde 2018 viel auf der 5 KM Strecke laufen um einfach mal wieder Speed aufzunehmen und meine in meiner Altersklasse den ein oder anderen Podiumsplatz zu ergattern. In der M40 ist das jetzt wieder möglich da viele schnellen Hasen von früher jetzt Ultra laufen und sich für 5 km nicht mehr umziehen. 🙂
Sei froh über deine Zeit und nicht immer so hart zu dir selbst.
Weiter so
Viele Grüße
Marco
So habe ich das eigentlich auch immer gesehen, bekomme aber „auf die Finger gehauen“, weil man dann ja direkt beim ersten Kilometer schon übersäuert. Klingt für mich logisch. Dass es nach hinten raus auch mal ruhiger werden kann, ist klar, jedoch sollte das meiner Meinung nach kein Einbruch sein, sonst hat man (oder besser: ich) was falsch gemacht.
Versteh mich nicht falsch, ich bin zufrieden mit der Zeit, denn es hat sich in diesem Jahr bereits einiges getan und das nehme ich nicht für selbstverständlich. Ich finde es nur schade, dass ich diesmal körperlich so gebremst wurde, weil ich anfangs dachte, einen guten Tag erwischt zu haben 🙂
5km sind auch sehr hart, bringen aber sicher Speed!
LG,
Jamie
Ja, in der Ausschreibung stehen zwar fünf Minuten Abstand zum Elitefeld, in der Praxis werden die einzelnen Startschüsse aber nach Gutdünken nach und nach abgegeben. Am Sonntag waren zwischen erstem und zweitem Schuss bestimmt keine zwei Minuten.
Bis nächstes Jahr 😉
Ja, das hab ich gemerkt 😀 Wenn der Sauerstoff im Hirn nachlässt, dann ist die Irritation einfach größer, weil logisches Denken nicht mehr so gut funktioniert. Ich würde dann auch mal sagen, bis nächstes Jahr 😉
Mit der 10 Kilometer Einteilung muss ich Marco Recht geben. Ich finde das klappt auch nie wirklich. Du kannst höchstens versuchen nicht total unvernünftig loszuballern, aber auch das ist zumindest mir schon gelungen :-D.
Dein Bericht hört sich für mich nach einem sehr erfolgreichen Wettkampf an, vor allem wenn man die Vorbelastung bedenkt.
Also weiter so….
Viele Grüße
Sebastian
Danke dir! Ich glaube auch, dass die wenigsten nach dem Startschuss sofort ein vernünftiges Tempo anschlagen. Glücklicherweise kann man meine Zehner-Erfahrung noch an einer Hand abzählen, daher hab ich noch Zeit mich auf so einer Strecke selbst besser kennenzulernen 🙂
An der Vorbelastung habe ich in der Tat noch ein Wenig zu knabbern gehabt, tapern ist auf jeden Fall anders!
LG,
Jamie
Augen zu, Schmerz ausblenden und Vollgas. Anders geht es auf Distanzen bis 1h einfach nicht. Also zumindest nicht wenn man ein amitioniertes Zeitziel hat – wie du. Ob dass dann so Spaß macht ist immer eine andere Frage aber miest kann ich zwischendurch dann sogar mal lächeln, aus welchem Grund auch immer. Spätestens aber im Ziel wenn der Körper dann alle Hormone ausschüttet 🙂
Lächeln geht in etwa noch bis Kilometer 5, ab dann setzt die Feinmotorik im Gesicht aus 😛 Ab und an mal was Schnelles zu laufen, allein um den Stand bestimmen zu können, hilft mir enorm. Ich finde auch, dass es dem Ultratraining guttut. Nach dem Lauf war ich aber kaum platt, weder muskulär noch vom Atem her, daher konnte ich nach einem Ruhetag direkt wieder auf die Bahn gehen. Das zeigt mir, dass da schon noch was gegangen wäre 😉 Spaß ist immer relativ, nicht jeder Lauf oder jedes Training ist immer nur Spaß, aber das weißt du sicher auch 🙂