37. Spiridon Silvesterlauf 31.12.2015

Ich würde sagen: das Jahr neigt sich dem Ende zu. Ich hatte eigentlich gehofft, dass es nach 2014 verletzungs-technisch nicht ganz so gemein zu mir werden würde, aber dazu mehr im anschließenden Rückblick, in einem neuen Beitrag.

Heute Vormittag ging es mehr oder weniger entspannt zur Commerzbank Arena in Frankfurt, denn ich wollte dort zum Silvesterlauf antreten. Irgendwo sollte das auch ein Formtest sein und nach meinen Trainings auf der Bahn, stand die geplante Pace (4:20) eigentlich unter einem guten Stern. Mein Bein, was immer mal wieder physiotherapeutisch gefoltert wurde, machte mich echt nervös. So nervös, dass mir heute morgen schlecht wurde, weil alles so ungewiss erschien.

I can. I will. Punkt. 

Das dann doch vieles wieder anders kam, hätte ich so nicht erwartet. Um kurz nach 11h befand ich mich auf dem Gelände und wir liefen im Regen zur vollgestopften Wintersporthalle, um die Startnummern abzuholen. Diesmal hatte ein eine interessante Nummer: 1616.

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Und mein persönliches Highlight war, dass ich mal zwei Mädels von instagram live kennen lernen durfte (rechts -runningbambi und martina.runs – links).

Mir war erst verdammt kalt und dann wieder sehr warm in dieser Halle, sodass ich mich schon mal vom Fleece befreite und mich anfing warm zu laufen. Etwa 2km und lotete dabei meinen Oberschenkel kritisch aus. Würde gehen dachte ich mir.

Thomas den Rucksack in die Hand gedrückt, nochmal durch die Gegend getigert und mich dann doch entschieden mit Musik zu laufen. Eigentlich finde ich das doof, aber in schwierigen Situationen hilft mir das oft sehr. Einreihung in die Startblöcke. In meinem Fall 35-45min.

Bei 39min standen mit Luftballon Florian Neuschwander und Kurt Stenzel. Die Eliteläufer starten 5 Minuten früher, wir anderen warteten noch. Da ich im ersten Block stand, konnten wir 2 Minuten später doch schon starten. Wie immer das Runterzählen, das piepen jeglicher Sportuhren, den Adrenalinschub der einen schnell laufen lässt.

Auf dem ersten Kilometer lies ich es erstmal laufen, weil ich mir dachte, wo es bergab geht geht es irgendwann auch wieder hinauf. 4:10 zu diesem Zeitpunkt.

Ab km 2 versuchte ich einfach nur die 4:20 zu halten, um ein konstantes Tempo zu finden. Ich suchte mir Leute an denen ich dranbleiben wollte. Es funktionierte. Es fühlte sich gut an.

Km 3: Leicht bergan. Mein Puls schoss nach oben, ich versuchte wieder von 4:30 wegzukommen und was erhielt ich dafür? Seitenstechen. Aber nicht das was man so kennt, sondern bei mir war das ziemlich mittig und extrem schmerzhaft. Ich versuchte es wegzuatmen. Ging nicht. Dann riss ich die Arme hoch. Minimal besser. Aber versucht mal in dem Tempo noch mit hochgehaltenen Armen zu laufen? No way. Es hörte schleichend wieder auf. Ich zog wieder an und kam wieder auf 4:20.

Km4: Versucht weiter Tempo zu machen und zu halten. Dann das Gefühl, dass es hart ist. Und nach weiteren 500m wieder dieses Stechen! Und zwar noch einen Tick heftiger und es brauchte einfach viel zu lange bis es wieder weg war.

Km 5: Als ich das Schild passierte, dachte ich mir, ok die Hälfte ist jetzt rum und du hast 21:30min auf der Uhr stehen. Das kann noch was werden! Aber es kann auch noch viel passieren. Im Wald kam ich dann wieder an einige heran und dann war es schon wieder aus.

Km 6: Stechen des Todes! Ich konnte nicht mehr schneller laufen als 4:50 und dann ging es irgendwann irgendwo auch noch einen Anstieg hoch. Ich dachte ich muss jeden Moment einfach stehen bleiben. Ich hatte Probleme einzuatmen. Und als wir unter der Brücke durchliefen, dachte ich mir, ok und jetzt habe ich Kreislauf. Und dann dachte ich mir: verdammt lauf einfach! Ich war so wütend, so unfassbar wütend auf dass was da gerade mit mir passierte.

km 7.5: Der „Berg“ – ich entschloss ihn einfach hochzusprinten, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Wieder ein paar aufgeholt.

km 8: Seitenstechen! Wer hätte das gedacht? Also wieder zurück genommen, aber nur kurz.

Die letzten 1,5 km wurden gelaufen, egal wie. Komfortzonen verlassen und so. Laufen, laufen! Wieder wett machen, was ich verbockt hatte. Konzentration auf die Musik, einen Takt findet und durchziehen. Es tat wirklich weh, aber ich wusste da ging noch was. Beim letzten Anstieg konnte ich nochmal einige überholen und als ich das Ziel sehen konnte, musste ich mich innerlich Ohrfeigen um nochmal richtig Gas zu geben.Maximal war das noch lange nicht, also lauf. Und so schossen irgendein Typ neben mir und meine Wenigkeit direkt Zeitgleich ins Ziel.

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Ganz kurz vor dem Ziel..

Aus 42-43 geplanten Minuten, wurden 45:11min, netto.

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Das erste was ich machte? Sich vollkommen verwirrt irgendwo hinsetzen und zwar sofort. Um herauszufinden wer ich bin und was ich hier gemacht habe. Und ob das jetzt gut oder schlecht war. Meine Waden zogen. Ich stand wieder auf, lief ziellos durch die Gegend, war platt und doch nicht. 45min. Was sollte das sein. War es das was ich wollte? Sind es nur Zahlen?

Ich war so neben der Spur, dass ich vergaß auszulaufen. So ein Fehler..

Dann traf ich zufällig noch mehr Leute die ich ewig nicht mehr gesehen hatte: Alex, einen Klassenkameraden von vor über 10 Jahren, der so wie ich, auch ein Mobbingopfer war. Und wo hat es uns Opfer hingetrieben? Zum Sport natürlich. Und er ist jetzt beim Triathlon und das finde ich top.

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Zu Hause wollte ich nur duschen und ein bisschen Blackroll. Achja und eine Cola musste es sein, denn mir war echt komisch. Und dann saß ich hier, vollkommen unfähig etwas zu tun, mit so vielen Gedanken im Kopf. Zwischen losheulen, sauer und total leer zu sein. Dasitzen, Wand anstarren, nicht merken wie die Zeit vergeht. Whatsapp Nachrichten beantworten. Überlegen wie man es das nächste Mal besser macht. Überlegen ob man noch Lust auf laufen hat. Ja, nein, vielleicht?

Egal, Prinzesschen: Matsch von den Laufschuhen kratzen, aufstehen und weiterlaufen und schauen was passiert!

Morgen geht es in den Taunus, wenig Menschen, viel Natur. Vielleicht finde ich ja da die Antwort.

— Jamie

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