Thank god it’s raceday!
Eigentlich habe ich 5km-Läufe nie sonderlich ernst genommen, aber in Ermangelung eines richtigen HM-Trainings, habe ich mich mal mehr im Rahmen meiner Möglichkeiten auf der Kurzdistanz ausgetobt. Da ich lange Zeit keine Intervalle mehr gelaufen bin, habe ich zunächst mit Pyramiden-Läufen angefangen. Und war natürlich viel am Berg unterwegs, nebenher hat das Biken den Sommer über sehr dominiert. So war meine Vorbereitung zwar relativ solide, aber eben nicht gerade übermäßig. Eine Woche vorher überprüfte ich in einem Test meinen 5k-Trainingssstand: zufrieden war ich leider nicht so richtig.
Zwei Tage vor dem Event bin ich nochmal den Feldberg hochgefahren – Beine locker machen und den einen Tag davor gänzlich pausieren. Dadurch konnte ich die Schwellung und Prellungen vom Klettern ein wenig minimieren.
Raceday. Halb in Sportkleidung saß ich im Büro und wurde langsam aber sicher nervös. Würde ich 9 Stunden durchhalten und dann am Ende des Tages wirklich nochmal mein Bestes geben können? Würde das was mir möglich erschien und was in meinem Kopf herumspukte tatsächlich eintreffen? Was war mit meinem rechten Oberschenkel?
Jedes Mal wenn ich die Treppen in die nächste Etage stieg, dehnte ich eine halbe Minute. Ich hatte richtig Angst, denn ich spürte, dass mein Bein noch nicht zu hundert Prozent fit war. Das verunsicherte mich enorm. Es war zwar nur ein Firmenlauf. Und nur 5 Kilometer. Aber wie ihr wisst, will ich es mir oft einfach selbst beweisen.
1500 Leute versammelten sich rund um den Kronenhof in Bad Homburg, direkt am Feldrand. Viele Stände, sogar eine Bühne und ein aufblasbares Ziel bzw. Start. Und Zeitzonen! Darüber war ich zunächst ganz glücklich. Jedoch waren diese sehr wage gehalten. 15-22, 23-30 Minuten usw. Dass dazwischen aber auf jeden Fall noch Welten lagen, war den Veranstaltern wohl nicht bewusst.

17 Grad, bewölkt. Es war einfach perfekt. Irgendwie war ich jedoch leicht müde und ich hatte seit mittags nichts mehr gegessen. Alles was mir blieb war ein Täfelchen Traubenzucker. Einlaufen, ca. 800 Meter. Mehr wollte ich nicht. Ich wollte meinem Körper eigentlich nur klar machen, was jetzt Sache ist.
Ich reihte mich im ersten Block ein und stand circa in der vierten Reihe. Gunnar kam mir entgegen, er lief jetzt erst ein. Als ich meinen Platz gefunden hatte, waren es noch acht Minuten bis zum Start. Ich beobachtete die anderen Läufer um mich herum und konnte maximal vier Frauen in näherer Umgebung ausmachen. Da vorne sahen alle so schnell aus. Ich wurde von zwei Kerlen kritisch beäugt. Gelächelt wurde schon länger nicht mehr. Ich überlegte sogar kurz ein paar Reihen zurückzutreten, blieb dann aber an Ort und Stelle.
„10, 9, 8… Halt was macht der LKW denn da vorne!? 10, 11, 12..wir haben es gleich!“ Und dann ging es doch ganz schnell. Alle anwesenden Garmins machten piep, mindestens zehn Läufer donnerten vorne weg, ich überholte zehn andere und der Block teilte sich in ca. drei Felder mit ein paar verlorenen Schafen dazwischen, die sich aber spätestens nach 700 Metern wie die Spreu vom Weizen trennten. Denn da kam die Autobahnbrücke. Ich wollte keinen Fehler machen und wieder überpacen, denn leicht zu schnell (4:00) war ich allemal. Also drosselte ich am Anstieg auf 4:20 und kam relativ locker über diesen hinweg. Einige sprinteten hoch, fielen dann zurück, andere verlangsamten gleich und die Minderheit hielt die Geschwindigkeit konstant.
Als nächstes fiel mir auf, dass die Markierungen auf dem Feldweg nicht mehr mit der Anzeige meiner Garmin übereinstimmte. Ich war immer mindestens 200 Meter im Plus und konnte alles zeitlich nicht mehr so richtig einordnen. Nach 1,5km der Markierung fingen die ersten Männer neben mir an zu keuchen und zu japsen. Einige nahmen sogar Wasser entgegen. Ich lief einfach weiter, mit 4:15. Es ging noch immer und ich schloss immer mehr auf, bis es plötzlich wieder schleichend nach oben ging.
Das war dann so nach 2,5 Kilometern. Split: 10:35min. Überholen ging irgendwie immer nur noch über die Mitte und genau dort waren immer kleine Grashügel über die ich quasi hüpfen musste. Energieverlust. Einige Kerle kratzte das sehr am Ego, versuchten mich wieder zu überholen und liefen ziemlich unruhig und manche fielen sogar ab. Vor mir waren andererseits noch genug Läufer, die ich definitiv nicht mehr einholen würde. Zumindest konnte ich die Spitze immer sehen und das motivierte ungemein.
Nach Kilometer 3 fiel ich selbst auf eine Pace von 4:45. Ich versuchte nicht noch langsamer zu werden und überschlug immer wieder den Split. Zudem versuchte ich mich mit der Tatsache zu beruhigen, dass ich sowieso am Anfang schneller war als geplant. Quasi kurz „ausruhen“ und dann nochmal in Aktion treten.
500 Meter später war mir klar, dass ist alles zu schaffen. Und ab Kilometer 4 lief ich nur noch. Ich sah den Kronenhof schon in der Ferne, kannte die letzte Strecke. Leicht hoch, kurz bergab, direkt wieder kurz bergauf und dann nur noch flach bis ins Ziel. Die ersten Zuschauer standen am Rand, viele fotografierten. Das spornte mich an noch schneller zu laufen. Ein letzter Blick auf die Uhr: 3:30. Lauf!
Etwa 100 Meter vor dem Ziel fingen plötzlich die meisten an zu rufen und zu schreien. „Schneller, lauf, lauf!“ Zum Glück war ich nicht in der Lage das zu hinterfragen und folgte einfach den Rufen, rannte durch das Ziel. Drehte mich immer noch leicht verwirrt zu allen Seiten um. Lief um die Ecke und setzte mich ins Gras. Von meinen drei Kollegen keine Spur. Der Kerl der mich im Startblock fast noch mit seinen Blicken erdolcht hätte, war nur ein paar Sekunden vor mir gewesen, lächelte nun und streckte den Daumen nach oben.
Meine Kollegen kamen plus/minus in 25 Minuten ins Ziel. Ich holte mir unterdessen ein Wasser und gemeinsam schauten wir online auf die Ergebnislisten. Noch nie habe ich so schnell meinen Namen gefunden, denn: ich war die 3. platzierte Frau von knapp 400 Läuferinnen. Zwischen dem 3. und dem 4. Platz lagen nur 5 Sekunden und dann wusste ich plötzlich auch warum alles um mich herum so geschrieen hatte, denn ich wurde so wie es aussieht dicht verfolgt 😀
Platz 91 von 1500 Läufern in der Gesamtwertung.
21:55min auf 5km (Pace 4:23)
Nichts was ich eigentlich wirklich erwartet hätte, denn ich dachte ab der Mitte ich könnte es nicht mehr reißen. Aber manchmal kommt alles anders als gedacht. Vielleicht habe ich nun eine neue Spezialität entdeckt, der es lohnt weiter nachzugehen? 😛 Ich bin mir sicher, auf 5km kann ich noch einiges rausholen, wenn ich wieder noch mehr laufe.

Ich war so happy, war plötzlich mindestens zehn Zentimeter größer…mit dem dritten Platz hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Die Siegerehrung gab es nur für die insgesamt schnellsten Firmenteams – aber das war mir komplett egal, mir war mittlerweile sowieso kalt und ich wollte gerne nach Hause.
Gunnar hatte in fabelhaften 17:20min und als Gesamt 4. gefinisht (auf dem Titelbild vorne rechts zu sehen). Vor ihm nur drei Ex-Profis aus dem selben Team, die sich gegenseitig zogen.
Morgen wird es wohl einen Zeitungsartikel und vielleicht ein paar Bilder mehr geben. Das würde ich dann hier noch entsprechend aktualisieren.
Zum Artikel der Taunus-Zeitung, geht es hier!
— Jamie
*Quelle des Titelbilds